Bei der Planung unserer diesjährigen Reise nach Polen mit unseren Motorrollern, hatten wir die Rechnung ohne das Wetter gemacht. Genauer, das Hochwasser das Deutschland in Atem hielt, hatten wir nicht erwartet, als wir am 9. Juni aufbrachen. Unsere Route über Leipzig nach Görlitz mußten wir aufgeben. So entschieden wir uns Richtung Norden über Salzwedel zu fahren und bei Wittenberge die Elbe zu überqueren. Da war auch kein Hindernis und wir passierten die Elbe ohne Schwierigkeiten. Wittenberge lag rechts, eingebettet in eine riesige Seenlandschaft, die Zufahrtsstraßen von den Hilfskräften gesperrt, wir fuhren zügig weiter um nicht als Katastrophentouristen die Arbeiten zu behindern...

In Zinnowitz auf Usedom finden wir schnell eine nette Unterkunft
Am nächsten Tag über die polnische Grenze, eine kleine Fähre verkürzt die Strecke nach Westpommern erheblich. Unsere Route soll an der Ostsee entlang durch Masuren bis vor die russische Enklave von Königsberg gehen und dann parallel zur litauischen Grenze Richtung Süden.

Pause in Niechorze direkt an der Ostsee
Nach 250 km ist das heutige Etappenziel erreicht - Darlowo. Die Hotels sind nicht gerade dicht gesät. Die Villa Isija ist innen und außen farbenfreudig und ganz nett. Meine auf dem Roller vergessenen Handschuhe liegen auch am nächsten Morgen noch auf dem Sitz, von wegen in Polen und so... wir können von keinen schlechten Erfahrungen berichten. Auch die großen Dinosaurier vor dem Haus haben sich friedlich verhalten.
Wie ausgestorben liegen die kleinen Ortschaften an der Straße
Wir wollen nach Hel, der Ort an der Spitze der Nehrung im Norden von Gdynia. Natürlich ist die Landzunge touristisch erschlossen, doch ist es reizvoll während der Fahrt oft rechts und links auf das Wasser der Ostsee zu schauen.
Nach einer Übernachtung in Jurata, steht Gdansk (Danzig) auf dem Plan. Nur 100 km sind es bis Danzig. Eine eindrucksvolle Stadt. Wir erkunden die Straßen und Gassen und es ist schön zu sehen, wie liebevoll alte Gebäude wieder restauriert wurden und alte Teile, Steine, Treppen dazu verwandt wurden. Sicher, man sieht auch Bereiche wo noch Bedarf ist, aber angesichts der Zerstörung durch den Krieg, ist die Leistung der Polen bewundernswert.
Wir gehen zum Hafen, dort ist ein Dokumentationszentrum eingerichtet, das an die Danziger Werftarbeiter erinnert die unter Lech Walesa den Aufstand gegen die stalinistische Herrschaft führten. Die Ausstellung "Wege zur Freiheit" beeindruckt uns sehr. Im Außenbereich stehen drei aus monumentalen Metallplatten errichtete Kreuze, die an die 28 Arbeiter erinnern, die bei der Niederschlagung des Streiks 1970 getötet wurden.
Sehr gegensätzlich zeigt sich Danzig. Das frischvermählte Paar soll durch die auffliegenden Tauben laufen, die der kreative Fotograf mit Futter anlockt.
Natürlich wollen wir nach Malbork (Marienburg), die mächtige Residenz des Deutschen Ordens und größte Backsteinfestung Europas. Mit Kopfhörern ausgestattet machen wir uns inmitten des Touristenstroms an die Besichtigung. Endlose Gänge, Gebäude, bin nicht sicher ob wir alles gesehen haben. Ein Kaffee soll uns zur Weiterfahrt munter machen, an einem Büdchen wird er frisch aufgebrüht, im Becher. Bernd ist so begeistert, dass er die Hälfte davon wegschüttet. Manchem kann man es auch nicht recht machen...

die Mopeds gut gesichert hinterm Zaun
Dicht an der Grenze zur russischen Enklave finden wir eine Unterkunft in Bartoszyce. Bartoszyce ganz leicht...  Die Tour nach Ketrzyn zur Wolfsschanze, lässt auch noch den Abstecher zur Wallfahrtskirche Swieta Lipka , Muttergottes mit der heiligen Linde, zu. Es ist sehr heiß, wir dürfen kostenlos direkt am Eingang parken, sehr nett.

bedrückend sind die Betontrümmer
Bei der Bunkeranlage der Wolfsschanze, die mal aus 80 Gebäuden und Bunkern bestand, zahlen wir Parkplatz und Eintritt und besichtigen die gesprengten Bunker mit den 6 bis 8 Metern dicken Mauern. Die Betondecken und Mauern sind sicher auch in tausend Jahren noch erhalten, schade, denn es ist bedrückend, sich diesen Wahnsinn anzusehen. Doch so bleibt zumindest ein Mahnmal.
Nahe Suwalki liegt der Wigry See. Dort ist laut Baedeker ein Kloster auf einer Landzunge, in dem man auch übernachten kann. Näheres im Info Zentrum Suwalki, das natürlich bereits geschlossen hat. Recht mühevoll die Suche in der reizvollen Gegend. Von der Straße aus sehen wir das Kloster, die Türme und finden endlich dorthin. Die Rezeption hat um 19:30 Uhr geschlossen und wir laufen auf der Suche nach jemanden durch die Klosteranlagen. Dort scheinen Versammlungen/Tagungen stattzufinden. Eine Frau in flatternden Gewändern gibt uns (in englisch) Auskunft, die auch nicht weiterhilft. Alles macht einen leicht esoterischen Eindruck. So fahren wir weiter, sind ja nur wenig hungrig und müde.
Die Landschaft mit weiten Sumpf-und Wiesenlandschaften ist sehr schön. Auffällig die größeren Brachflächen und weiten Sumpfgebiete. Jeder Ökologe wird begeistert sein. Die masurischen Seen haben wir hinter uns, leider war der Himmel dort bedeckt. Um die Seen richtig zu erkunden und genießen, sollte man wandern, radfahren oder ein Boot benutzen. Von der Straße  aus kann man die Seen nicht richtig wahrnehmen und kann nur hin und wieder direkt ans Wasser. Wir fahren ja mit Vorliebe kleine und kleinste Nebenstraßen, doch in Polen sind die eine Zumutung. Abgesehen von Europastraßen und Autobahnen sind die Straßen in einem Zustand wie wir sie in kaum einem europäischen Land erlebt haben, 19 Länder haben wir bereits besucht. Holperstrecken, die kaum eine höhere Geschwindigkeit als 30 oder 40 kmh zulassen und auch das ist nicht leicht. Dazu weisen diese Straßen auch noch eine höhere Verkehrsdichte auf als bei uns in Deutschland. Oft sind diese Streckenabschnitte über 40 km lang, wir beschließen diese gelb eingezeichneten Nebenstrecken nach Möglichkeit zu meiden. Polnische Autofahrer und Lkwfahrer haben sich wohl daran gewöhnt und fahren mit beachtlicher Geschwindigkeit durch die Löcher.
Interessant die kleinen Läden die, oft in einer Ansammlung von Häusern, den Mittelpunkt des Ortes bilden, hier gibt es fast alles.

Eine Perle ist Zamosc. Fast unzerstört überstand Zamosc den zweiten Weltkrieg als Zentrum eines Germanisierungsgebietes in "Himmlerstadt" umbenannt.
Schöne Renaissance Fassaden und schattige Arkaden umgeben den weitläufigen Platz, dort finden wir ein schönes Hotel, für 250 poln. Zloty, ca. 58,00 Euro für ein Doppelzimmer mit Frühstück. Man reist preiswert in Polen, in Nowy Targ haben wir für 100 Zloty, 25,00 Euro ein nettes Doppelzimmer mit Dusche bekommen.
Übernachtung in Sanok, freundliche Dame in der Rezeption meldet uns für den nächsten Tag in der Werkstatt an. Einfach für uns,  wir sagen ihr was wir für Sorgen haben, englisch, und sie spricht mit der Werkstatt, polnisch. Adresse hat Bernd. Bei Bernds Roller ist ein Oelwechsel fällig den er in Deutschland nicht mehr machen wollte. Von der Straße ist für uns die Werkstatt kaum zu finden, nur dank Navi gelangen wir zur Werkstatt und die ist super. Nette Dame, gut englisch sprechend, bietet Kaffee an und die Sache ist schnell erledigt. Goldwing Roller und andere füllen den Verkaufsraum. Ein Bremsbelag fehlt hinten, erklärt der Monteur mithilfe der netten Dame, leider findet sich kein passender Belag, Bernd muss etwas mehr aufpassen.
In Nowy Targ, nicht weit von der Grenze zur Slowakei, suchen wir eine Unterkunft. Das ist hier nicht ganz leicht, Touristen verirren sich hier wohl selten dort hin. Daher kommen wir mit englisch oder deutsch nicht viel weiter. Doch wir haben gelernt, Pokoje (Zimmer), Piwo (Bier), Kawa (Kaffee), das ist das Wichtigste. Wir landen vor einem Haus, dessen Schild ein Bettensymbol zeigt und Messer und Gabel. Die Bedienung ruft den Besitzer per Handy und gleich ist er da. Pokoje, klar wir sehen müde aus. Er zeigt uns ein Zimmer, Dusche/WC, alles ok. Betten müssen noch bezogen werden. MARIA brüllt er ins Treppenhaus, denke der Putz fällt von den Wänden. Maria kommt fröhlich und bezieht lächelnd die Betten. Roller können wir sicher in einem Schuppen abstellen. Für umgerechnet 25,00 Euro ist das gut für die Reisekasse. Nachdem das geklärt ist, versuchen wir ein Lokal zu finden um etwas zu essen. Das Lokal im Hotel reizt uns nicht richtig und wir haben auch keine Möglichkeit die Speisekarte zu lesen. Beim Bummel durch den Ort finden wir, nach längerem Suchen, ein Lokal, Karte mit englischem Untertitel, was wollen wir mehr. Die Nacht ist etwas unruhig, die Zimmernachbarn gehen wohl nachts zur Arbeit, es poltert, Autotüren klappen mehrmals und die Hunde der Nachbarschaft melden ihre Wachsamkeit.
Wir sind früh auf den Beinen. Im Lokal fragen wir den Wirt nach "śniadanie" Frühstück. Er fragt aber unablässig das Gleiche, das wir nicht verstehen, schließlich nicken wir und lassen uns überraschen. Bei "herbata", Tee, hatten wir schon genickt. Dann bringt er uns hervorragende Weißwürste, Weißbrot, Meerrettich und Senf. Als Opa  von Enkeln die in Bayern leben, bin ich damit vertraut und kann Bernd Anleitung zum Häuten der Würste geben. Mir schmeckt es, ist ja schon 8:10 Uhr.
So gestärkt geht es weiter, nach Zakopane. Um 9:00 Uhr ist dort noch nicht so heiß und wir machen einen Bummel um uns die typischen Häuser dieser Landschaft anzusehen. Die alte, kleine Holzkirche von 1848 wird in jedem Reiseführer erwähnt und ist sehr sehenswert. Wir haben viele Kirchen und Kathedralen besichtigt, Polen ein Land der Kirchen. Die Religion hat in Polen einen bedeutenden Stellenwert, nicht mit Deutschland zu vergleichen. Ein Gottedienst wurde per Lautsprecher nach draußen übertragen. Die Menschen fanden nicht alle Platz in der Kirche und standen sehr selbstverständlich in der Sonne.
Richtung Wroclaw (Breslau), eine längere Strecke, so nutzen wir auch einen Teil der guten Autobahn. Abends um 18:30, nach 420 km, bei 35 Grad im Schatten ein Hotel in einer großen, fremden Stadt zu suchen, ist nicht mein Hobby. Navi macht Vorschläge und wir landen im Hotel Polonia. Groß, nett, mit wechselvoller Geschichte. Die nette Dame an der Rezeption spricht englisch und nachdem ich sie etwas heruntergehandelt habe, mit Hinweis auf den Aushang in der Rezeption, beziehen wir das Zimmer. Parkplatz gegenüber, bewacht. Ein abendlicher Stadtbummel, essen, Bier. Breslau ist wunderschön wiederhergestellt. Eine Gauklertruppe (?) von jungen Leuten zeigt Tänze, Jongleure wirbeln mit Fackeln in der warmen Dämmerung. Auf dem großen Marktplatz ist noch viel Trubel und wir kommen erst nach 23:00 Uhr ins Hotel. Nur noch schlafen. Im Hotel können wir am nächsten Tag unser Gepäck deponieren und so sind wir nach dem Frühstück schon vor 9:00 Uhr wieder im Zentrum von Breslau um möglichst viel von den Sehenswürdigkeiten zu erleben. Die Basilika der Hl. Elisabeth von Ungarn wurde erst von Johannes Paul dem II. zur Basilika geweiht.
Letzte Übernachtung in Polen in Jelenia Gora (Hirschberg). Auch hier mit ein schöner Marktplatz zumgeben von Säulengängen. Das Hotel Baron, aus dem Reiseführer, ist sehr zu empfehlen. Auf dem bewachten Parkplatz gegenüber möchte man zwei Mal Gebühr kassieren, wie für zwei PKW's, obwohl wir auf einem Platz stehen. Da wird gehandelt. Am nächsten Morgen  geben wir dem Parkwächter das Gesparte als Trinkgeld, offensichtlich muß er auch die Nacht in der kleinen Bude verbringen, er tut uns leid. Wir scheiden als Freunde.
Eine Gruppe Kinder mit ihren Betreuern spricht mich an. Ich soll mit ihrer Kamera ein Gruppenfoto von ihnen machen. Zum Dank lächeln sie noch einmal in meine Kamera. Kinder, nett wie überall auf der Welt.
Görlitz, da wollen wir über die Grenze. Im polnischen Teil von Görlitz läßt Bernd noch seine defekte Scheinwerferbirne wechseln. Die kleine Werkstatt erledigt das rasch und preiswert. Unglaublich, doch es gibt hier auch Regen, der erste Regen seit Beginn der Reise. Ein Gewitterschauer, kaum haben wir die Regenklamotten übergezogen, ist es auch schon vorbei, das Wetter wollte nur mal nachsehen, ob wir auch Regenzeug dabei haben. Von der Grenze ist nichts zu merken und wir sehen nur an den Schildern, dass wir wieder in Deutschland sind. Nach der Stadtbesichtigung von Görlitz, steuern wir Wurzen in Sachsen an, essen, Bier, schlafen.
Das Glockenspiel, in Wurzen / Sachsen, über der alten Post, ich weiß nicht ob es noch spielt. Die alte Post steht leer, schade um das schöne Gebäude.
Heute ist Autobahn angesagt, Dresden und Leipzig können wir so gut umfahren. Die B6 der wir dann folgen, ist vierspurig ausgebaut und der Autobahn sehr ähnlich. Wir haben die Autobahn verlassen, B6 vor Aschersleben. Bernd schaltet Warnblinkanlage ein. Ein Blick auf meine Tankuhr sagt mir, sein Sprit dürfte am Ende sein, mein Tank fasst 3 Liter mehr. Kommt mir bekannt vor, ein Griff und Bernds 250 ml Reserve gluckert in den leeren Tank. Navi sagt drei Kilometer nächste Tankstelle, hat auch gut gereicht.
Abschied in Hildesheim, im Cafe des neuen medizinischen Versorgungszentrums, lag am Weg, noch einen Kaffee, eine Umarmung, es war schön mit dir mein Freund, bis bald.
Nach 3800 km freue ich mich sehr meine Frau wiederzusehen.


Fotos: Bernd und Max
Text: Max
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Aug. 2013
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