Reiseberichte
Mit dem Motorroller nach Dänemark
05.09.2004 - 13:20

Mit dem Motorroller nach Dänemark

Start am Sonntag, vollgetankt, Zelt, Schlafsack und Gepäck verzurrt, geht es los mit meiner Aprilia 125, Habana Custom, auch Habbi genannt, von Hannover nach Celle auf der B3. Warmer Sonnenschein und die Straße ist morgens um 9:00 noch recht leer. Kilometerstand 4500. Nördlich von Celle ist es angenehm zu fahren, im Schatten der Alleebäume. Es duftet nach Heu und harzigem Holz. Bergen, dann Soltau. Eigentlich müßte ich die blühende Heide sehen, doch dazu ist wohl ein Abstecher nach rechts oder links nötig. Der Wind aus Osten wird heftiger und böig. abbiegen auf die B 75 - Harburg - auf die Autobahn über die Süder-und Norderelbe. Bei km 4700 tanke ich 5,58 ltr. Super, ein guter Schnitt. Übernachtung bei meiner Schwester, ihr wohlwollendes Verständnis für die Reise muß ich mir erreden.
Am nächsten Morgen weiter über Norderstedt - Kaltenkirchen - Neumünster -Bordesholm - Kiel uFlensburg. Schön die Fahrt über Nord-Ostseekanal, mit dem Wind kann man leben. In Kruså der Grenzübergang. Kein Deutscher oder Däne will meine Papiere sehen oder begrüßt mich herzlich in Danmark. In Sonderburg kurzer Halt am Bankautomaten, dän. Kronen, keinen Euro wollen die Tankstellen. Der Campingplatz in Fynshav ist o.k.. Am Strand viel Tang und noch mehr Steine, verzichte auf‘s Schwimmen, dusche.  
Früh um 7:45 rolle ich an den Schlagbaum des Platzes. Der freundliche Platzwart nimmt meine Kronen entgegen und läßt mich schon vor 8:00 vom Platz, eigentlich nicht üblich. Mein leerer Magen meldet sich. Aus Platzgründen habe ich weder Kocher, Kaffeetasse ect. im Gepäck, meine Kücheneinrichtung besteht aus dem Taschenmesser und einer Plastikgabel von Mac Donalds, die im Handschuhkasten liegt. Es ist frisch im morgendlichen Fahrwind und ich hole schnelle die Jacke hervor. Aabenraa, vier „a“ hat die Stadt im Namen. Am Beginn einer Fußgängerzone eine Bäckerei. Belegte Brötchen und Kaffee... wie kann die Welt doch schön sein. Jetzt halte ich mich in Richtung Küste. Am Straßenrand wilde Mirabellenbäume(?). esse ein paar, das bringt Vitamine, hoffe es gibt sonst keine Probleme...
Diese kleinen Straßen durch die Dörfer sind schön zum Rollerfahren und überwiegend gut asphaltiert. Die Straße nach Loddenhoij erweist sich als Sackgasse, dahinter ein Feldweg zum Meer, zurück. Ungewöhnlich die Kirche in Vilsstrup, diese Turmform habe ich bei dän. Kirchen noch nicht gesehen. Vor Kolding wechsele ich auf die E 45, also die Autobahn und fahre darauf in Vejle über den Vejlefjord. Es macht aber nicht viel Freude auf der E 45 zu fahren, die dänischen Lkwfahrer fühlen sich als Nachkommen der Wikinger, kampflustig machen sie Jagd auf kleine Autos und Roller, auch auf Bundes- und Landstraßen. Dort dürfen sie nur 80 km/h fahren, doch wenn mein Tacho 110 anzeigt, tatsächlich ca. 100 km/h, rollen sie knapp und fröhlich an mir vorbei. Der Sog der großen Fahrzeuge ist recht unangenehm. Polizei oder Radarkontrollen scheinen sie nicht zu fürchten. Tatsächlich sehe ich nur sehr selten Polizei, nie Radarüberwachung.
Östlich von Vejle liegt am Meer der Campingplatz "Juelsminde Vest". Ich melde mich in der Rezeption an. Da ich keinen Campingausweis will und besitze, erhalte ich einen „Transitpas“ gültig für meine eine Nacht. Die anschließende Besichtigung ergibt einen vollen Campingplatz und der mir zugewiesene Platz ist klein, gerade ausreichend für das Zelt und von zwei Asphaltwegen begrenzt, idyllisch wie auf einem Autobahnparkplatz. Hier bleibe ich nicht. Das teile ich dem Herrn in der Rezeption mit, seine Miene verdunkelt sich und er verlangt für das Ausstellen des „Transitpas“ 20 Kronen, also für das Blatt Papier, das für mich ohne weiteren Nutzen ist. Diskussion. Da ich im Ausland bin, halte ich mich zurück, gebe ihm das Geld und vergesse ihm einen schönen Tag zu wünschen. Nach einigen Kilometern finde ich das Plätzchen für meinen müden Körper, na also.

Am nächsten Tag nach dem 8:00 Uhr Start, Frühstück in Velje - E 45 - Fredericia. Ich will auf die Insel Fünen, die kenne ich noch nicht. Die E 20 führt über eine neue, schön geschwungene Bogenbrücke. Ich bewundere sie aus der Ferne, denn ich fahre auf der älteren Brücke über den Lillebælt. 98 m hoch, 58 m über dem Wasser und 1178 m lang mit einem Extragleis für Züge sieht sie dennoch aus wie eine große Eisenbahnbrücke, ein bißchen wie die Golden Gate, ... na etwas

Im Norden der Insel lande ich auf dem Campingplatz Fyvesandet, große Kiefern, Dünen und dahinter das Meer. Schön, warm, den Platz kann ich mir aussuchen. An einer Hecke aus Sandrosen, gleich hinter den Dünen, baue ich das Zelt auf. Der Himmel ist bedeckt, der Wind nimmt zu. Am nächsten Tag reise ich nicht weiter, will die Insel erkunden. Frühstück in Otterup. Endlich finde ich eine Bäckerei, Kaffeeausschank ist hier nicht, aber es gibt belegte Baguette. Kaffee finde ich einer Tankstelle in Warmhaltebechern aus Styropor. Wäre eine gute Gelegenheit meine Küchenrichtung zu vervollständigen, doch der Platzbedarf ist zu groß. Meine Sandalen, die die nackten Füße bekleiden, tausche ich gegen Schuhe aus, auch die Jacke wird hervor geholt. Nicht zu glauben zu Hause stöhnen noch alle unter der 35 Grad Hitze. Handschuhe tragen ich ohnehin denn der Fahrwind ist frisch.

 


 



Am Straßenrand entdecke ich vor einem Haus große Skulpturen aus Stein und Metall. Als ich halte um sie mir näher anzusehen, kommt der Künstler heraus, Knud Axelsen. Freundlich zeigt er mir sein Atelier und die Werkstatt. Bin erstaunt über die Bandbreite seiner Arbeiten. Große Ölgemälde, Schweißarbeiten, Marmorskulpturen, Bronze (?), Reliefarbeiten, Arbeiten aus Beton gefertigt. Er lädt mich zum Kaffee in sein Haus ein, gemütlich, urig. Er kann kein deutsch und ich kein dänisch, beide aber sprechen wir etwas englisch, das muß reichen. Er holt eine große Mappe und erklärt mir, daß er auch schon Einkaufspassagen dekoriert hat. Manches kommt mir bekannt vor aus meiner früheren beruflichen Tätigkeit. Noch ein Kaffee, dann verlasse ich ihn, ein interessanter Mann.

Die Hauptstadt der Insel Fünen, Odense. Um die Stadt führt ein Ring, gekennzeichnet mit O2. Der Ring ist kein runder Ring, sondern die Straßen führen den Roller oder das Auto um die Stadt, links abbiegen, dann landet man im Zentrum, rechts meist nicht zu der Stadt in die man eigentlich wollte. Doch man kann ja wenden. In Odense ist Blomsterfestival. Die Fußgängerzonen sind mit vielen Blumen geschmückt, Mitarbeiter der in der Nähe liegenden Gärtnerschulen waren hier fleißig. Denkmäler, Skulpturen in den Fußgängerzonen , alles ist in ein Blütenmeer verwandelt. Ein großer Platz, hier leuchtet es blau, viele blaue Topfblumen dicht an dicht. Dazwischen gondelförmige Schalen gefüllt mit Blumen und farbigem Gemüse. Viele Passanten und Touristen haben sich eingefunden, zwischen den Blumen finde ich einen bequemen Korbsessel, neben einem Kaffeeausschank. Der Kaffee, den man sich selbst holt kostet zwar 24 Kronen, etwa 3,40 Euro, aber die Aussicht ist schön. Auch die kleinen "Zaungäste" freuen sich.Die Fußgängerzonen von Odense sind einen Besuch wert. Nicht nur die üblichen Angebote, sondern sehr schöne Geschäfte mit geschmackvollen Dingen, dänisches Design, Stoffe, Glas, Farben. Ein prachtvolles Ambiente, dazwischen dänische Kerzen, kleine Figuren aus Keramik. Freundliche Gassen, nette Passagen. Gut, daß der Roller keinen Kofferraum hat.

 



Genug Stadt, zur nördlichsten Spitze Fyns Hoved. Es ist kühl, böiger Wind, fahre laut Tacho nur 60 km/h. Als Flachländer würde ich das Sturm nennen. Durch Hindsholm erreiche ich die Spitze der Halbinsel. Im Geröll kann ich den Roller nicht aufstellen, er würde kippen. Man sollte bei solchen Reisen zwei Brettchen mitnehmen um für sicheren Stand zu sorgen. Ein Gewitter und Regenschauer sorgen für rasche Umkehr. Ein Vordach bietet etwas Schutz. Nach wenigen Minuten ist es wieder trocken. Zurück auf der kleinen Küstenstraße. Schöne alte Häuser in Viby, der Hafen von Kerteminde ein Mastenwald, Segelboote aller Größen. In Nyborg eine Rundfahrt durch die Altstadt und vorbei am Schloß. Der Sturm macht zu schaffen, ich weiche auf den Radweg neben der Bundesstraße aus, wie viele Mopeds und 50er Roller. Viele dieser 50er Roller fahren ohne Versicherungsnummernschild, muß hier wohl erlaubt sein, dabei sind sie sehr flott, mindestens 70 km/h schätze ich, wahrscheinlich frisiert.
auf und ab - kein Radfahrerparadies   ein Gewitter zieht hoch
Auf dem Campingplatz. Das Zelt steht noch, Thermometer zeigt 16 Grad an.

Aufbruch am nächsten Morgen, gut verpackt. Obstplantagen, große Zwiebelfelder. In Bellinge an der B 168 riesige Gewächshäuser mit Tomaten, hoch wachsen diese an Schnüren, dazwischen Schienen auf denen Loren beim ernten geschoben werden. Fünen ist der Gemüsegarten Dänemarks. Schweinemastbetriebe, die Gülle wird zur Zeit überall auf die Felder gebracht und verbreitet den feinen Duft. Auf einigen Weiden dürfen die Schweine frei herumlaufen und im Schlamm ungeniert ihren Sauereien nachgehen.

In Haarby und den Dörfern danach, fallen mir viele Menschen auf die mit kleinen dänischen Fähnchen am Straßenrand warten, ganze Schulklassen, die Ferien sind hier vorbei. Ich freue mich über den herzlichen Empfang und bedauere es keine deutsche Fahne mitgebracht zu haben. Dann merke ich, alle sehen in die Richtung aus der ich komme. Die Erwartung gilt einem Radrennen. Ich parke am Rand. Es kommen die ersten Begleitfahrzeuge, Polizei auf Motorrädern mit tollen Blaulichtern, zwei blinken vorn eins hinten. Jetzt beginnt dänisches Marketing. Aus den Wagen werden Zeitungsrollen, Baseballkappen und kleine Plastikflaschen mit Mineralwasser geworfen. Wie Karneval in Köln denke ich. Einer Flasche weiche ich aus, der ältere Mann hinter mir wird getroffen. Er trägt es mit sportlicher Fassung, er darf jetzt auch das Wasser trinken. Nun kommen die drei Favoriten, kein Jan Ullrich, wieder Polizeifahrzeuge, Lautsprecherdurchsagen, dann das Hauptfeld, Rettungsfahrzeuge und schon ist alles vorbei.
Ersatzteile für jeden Roller  auf den Hügeln alte Gräber der Wikinger, sie stehen unter Denkmalschutz

Endlich erreiche ich gegen Mittag in Bøjden die Fähre zur Insel Als. Eine Stunde Wartezeit, um 13:00 geht die nächste Fähre. Eine nette schweizer Familie ist auch auf dem Rückweg, sie haben über die Westküste Jütland bereist, waren in Skagen und am Limfjord, erzählen von ihrer Reise mit dem Wohnmobil. Sie hatten mich in Fyvesandet gesehen und gleich wieder erkannt. Markante Rollerfahrer sind nicht zu übersehen. 100 Kronen kostet die Überfahrt zur Insel Als. Mein Ticket weist mich als Motorrad mit bis zu zwei Personen aus. Habbi fühlt sich geschmeichelt. Als Moped hätte ich 30 Kronen gespart, Eitelkeit hat seinen Preis und die Dame an der Kasse unnachgiebig, doch sehr freundlich. Die Fähre kommt, öffnet die große Bugklappe. Zuerst fährt ein Sattelzug mit Hänger ein, dann die Motorräder und dann die Autos. So stehe ich hinten neben dem Lkw vor der Heckklappe. Die Bodenbleche sind rutschig. Ringsum hohe Bordwände, durch eine runde Öffnung sehe ich die Schaumkronen auf dem Wasser. Nach oben kann ich nicht, das Schiff legt ab und die „Mopeds“ beginnen zu wandern. Kein Seil zum Sichern dabei. Drei Motorradfahrern geht es ebenso. Eine schwere Harley fängt auf ihrem hübschen verchromten Seitenständer an zu rutschen. Gischt kommt fein über und verschmiert Chrom und Lack. Nach 55 Minuten ist Fynshav erreicht. Rückwärts anlegen, vorher öffnet sich die Heckklappe, Motor an, weg und der Boden schwankt nicht mehr.




 
jetzt zurück - Richtung Heimat
Sonderborg, in Kruså über die Grenze - Flensburg - Glückstadt - Kappeln. Die Ortsdurchfahrten in Flensburg, besonders in Kiel, aber auch in kleineren Orten wie Eckernförde, kosten viel Zeit. Die Aral Autokarten sind für meine Zwecke zu pauschal, besser für Autobahnfahrten geeignet. Die Navigation ist zeitraubend, ein Beifahrer fehlt. An jeder Ecke anhalten und die Lesebrille aufsetzen, schlimme Schimpfworte fallen mir ein, es hört mich keiner.
In Schönhagen, Kieler Bucht auf den Campingplatz, 11,30 Euro incl. warmer Dusche. Preise wie auch Dänemark. Außerhalb des Platzes ein Restaurant. Hausgemachtes Sauerfleisch und Bratkartoffeln, es ist köstlich, dann ein großes Flens. Im Zelt denke ich darüber nach, warum die Menschen hier wohl Urlaub machen, darüber schlafe ich ein.
Morgens Frühstück in Kiel bei Mac Donalds. Ich liebe das Frühstück dort nach meinem Suchen in Dänemark. Bagel mit Schinken und Frischkäse, dann warme Croissants, Butter und Marmelade und Kaffee soviel man möchte. Sogar die „Kieler Nachrichten“ liegen aus. Hier werde ich meine nächste Feier ausrichten und alle zum Frühstück einladen, auch die Gourmets werden kommen.
Nach Kiel Richtung Schwarzenbeck, der Reiseverkehr auf der Bundesstraße ist heftig, da die Autobahnen wohl auch nicht mehr viel flüssigen Verkehr zulassen. Lauenburg - die Elbe - Lüneburg - in Uelzen ist die neue Umgehungsstraße fertig, das schafft. Vor Celle ein letztes Mal tanken. Das ist immer eine Prozedur denn das Gepäck muß abgeladen werden da der Tankverschluß im Helmfach versteckt ist. Nach 1774 Kilometern erreiche ich die heimatlich Garage. Für Habbi ein Kuss auf die Lampe, danke, keine Pannen, keine Probleme. Morgen gebe ich noch einen Liter Super Plus aus.

zum Schluß: eigentlich war mein Ziel Skagen. Wenn man sich nicht total verheizen will, reichen Strecken von 150 Kilometern am Tag um noch etwas mitzubekommen. Meine längste Tagesstrecke war 424 km, das ist zuviel. Somit hätte ich für die Strecke bis zur Spitze Jütlands mindestens 5-6 Tage gebraucht, bei Benutzung der kleinen Küstenstraßen auch mehr. Diese Zeit war nicht geplant.
Acht Mal getankt, insgesamt 45,35 ltr., ein Schnitt von 2,56 ltr., kein Grund zum Meckern.
Gefährlich: Dänische Lkws, bedenklich: Fischfilet in Pølsterbuden, man zehrt lange davon.
Die dänischen Straßenbeläge sind überwiegend gut. Wenig Fahrspuren und kaum diese Flickenteppiche aus Asphalt die wir täglich hier unter den Rädern haben. Rollsplitt wird nicht immer durch Schilder gekennzeichnet!

 

     Dieser Bericht wurde für das Forum der Aprilia - Habana Freunde geschrieben.






Max